Rathaus - eine Sehenswürdigkeit

Im Jahre 1468 kauften Bürgermeister und Rat der Stadt Sterzing von Hans Ris als Vormund der Gerberischen Kinder das Haus  um 232 Mark Berner. Unter der Bauleitung Lienhard Jöchls wurden nach dem Plan von Jörg Kölderer die Innenräume des Rathauses im Zeitraum von 1468-1473, der Erker 1524 fertiggestellt. Ebenerdig wurde zur Straße hin die Brotbank, nach hinten die Fleischbank eröffnet, im ersten und zweiten Stock wurden die Ratsräume untergebracht.

Die weiten Räume des Rathauses wurden wiederholt bei historisch interessanten Versammlungen benützt, so 1525 vom schnell eingerufenen Notstandsrat während des Bauernaufstandes (der bekannte Bauernfüher Michael Gaismair stammt aus Tschöfs bei Sterzing) vom 15. -17. Jh. wurden mehrere Sitzungen des Tiroler Landtages im Rathaus abgehalten, mehrere Mitglieder des Kaiserhauses wurden in diesen Räumen feierlich empfangen (Kaiser Maximilian, König Philipp von Spanien, Erzherzog Ferdinand, Maria Theresia, Josef II. usw.). 

Im historischen Ratssaal werden bis heute die Gemeinderatssitzungen abgehalten. Die vielen Nebenräume dienen als Amtsräume der Stadt Sterzing. Die Ratsstube kann auf Anfrage und bei Stadtführungen besichtigt werden. (Anfrage beim Tourismusverein Sterzing am Stadtplatz)

Der Lichthof

Der gewölbte Lichthof im ersten und zweiten Stockwerk besticht durch seine Schlichtheit und Strenge, die räumliche Großzügigkeit vermittelt bürgerliche Vornehmheit und städtischen Baucharakter. Auf zwei verschieden geformten Säulen aus Ratschinger Marmor an der Westseite und auf den flachbogig unterwölbten Bögen und Marmor-Granitkonsolen liegt die umlaufende Galerie. Die Galeriebrüstung besteht aus einem Eisengitter mit Rautenkreuzung und Kreuzblumenstäben und aus durchbrochener Ziegelmauer. Durch die zwei Flachbogenfenster in der Südwand fällt das Licht, reflektiert durch die darüber liegende Wölbung, in den Lichthof.

Ausgestellte Objekte im ersten StockwerkLichthof_Sterzinger_Rathaus

1. Stadtwappen von Sterzing. Bettler mit Adler in Freiplastik auf Volutenpostament (17.Jh.). Der Tiroler Adler im Wappen der Stadt erinnert an den einstmaligen Stadtherren und Stadtgründer, den Grafen von Tirol, der Bettler wohl an die drei Hospize der Stadt im Mittelalter, in denen Arme und Kranke, aber auch Reisende und Pilger aufgenommen und gepflegt wurden.

2. Hoher Schrank mit farbigen Holzeinlagen, vielleicht das Meisterstück eines Tischlers. Auf den Türen sind vier Tugenden (Gerechtigkeit, Nächstenliebe, Klugheit oder Bescheidenheit, Mäßigkeit) dargestellt, Geschnitzte Delphine und Jagdszenen zieren das Feld darüber (17.Jh.).

3. Zwei Epitaphe (Grabmähler) adeliger Sterzinger Familien, die aus der Pfarrkirche stammen.

Nordseite: Epitaph für Abraham Geizkofler, General Steuereinnehmer der Tiroler Landschaft, und für Frau Barbara geb. Frankfurterin. Relief Krönung Marias, an der Predella Gemälde, Kruzifix mit der Stifterfamilie und zwei Engel, die im Hintergrund die Vorhänge zurückschlagen, Allianzwappen des Verstorbenen.
Eine Arbeit aus dem Jahre 1597.Epitaph im Rathaus - ©Klaus Peterlin

Südseite: Epitaph für Kaspar Pock, Zöllner in Lueg am Brenner. Im Hauptbild links Beschneidung, rechts Taufe Christi, am Giebel Ranken und Wappen. Gestiftet von Joh. Baptist Pock, Zöllner am Lueg (1620).
4. Zwei Porträts in ovalen Holzrahmen, Mitte 18. Jh. Maria Theresia und Franz von Lothringen spendeten diese Bildnisse anlässlich ihres Besuches 1739 der Stadt Sterzing.

5. Kreuzigungsgruppe, um 1700

Auf der Galerie

6. Epitaph für den Sterzinger Patrizier Hans Geizkofler, der im Bergbau tätig war. Es zeigt in Reliefarbeit die Auferstehung der Toten, im Mittelpunkt Hans Geizkofler mit dem Abrechnungsbuch in der Hand. Gott Vater sieht wohlwollend auf den Gerechten nieder. Darunter Abbildung der Familie, links die Männer, rechts die Frauen. Die nicht mehr vorhandene Inschrift darunter lautete: "Den besten und ruhmvollsten, selig verstorbenen Eltern H. Geizkofler und seiner Gattin Barbara Kuglerin haben die 12 überlebenden Kinder dies Denkmal aus Liebe und zur Erinnerung errichtet" (1600).
Das an der Westseite aufgehängte Allianzwappen, auf Holz gemalt, gehört ebenfalls zu dieser Familie.

7. Aquila Tirolensis (Tiroler Adler) mit den Wappen aller Tiroler Städte. Kupferstich von Matthias Burglechner (1620).

8. Wappen von Kastillien in barocker, ovaler Einfassung in Holz (17. Jh.).

9. Predella eines Epitaphs mit Inschrift, Johann Prugger in Grienburg, gest. 1605, aus dem Jahre 1614. Darüber Darstellung der Stifterfamilie (17. Jh.).

Der historische RatssaalTV Sterzing - Rathaus Sterzing

Vom Lichthof im ersten Stockwerk führt eine Tür gegen Westen in die gotische Ratsstube. Die Eingangstür ist außen in Leistenfelder unterteilt, der Bogen mit einer geschnitzten Muschel gefüllt. Die spätgotische Ratsstube ist getäfelt und mit umlaufenden Wandbänken ausgestattet. Die gotische Holzdecke besteht aus einfachen Balken, die von einem schweren Unterzug getragen werden. Die Tür ist innen glatt und mit reichen Eisenbeschlägen verziert (Distelblüten, Granatäpfel, Ranken). Der große Kachelofen mit einfachen grünen Kacheln in Rautenmusterung und Blattfüllung (ca.1600) bietet die einzige Möglichkeit, den Saal zu erwärmen. Der Raum ist durch zwei sechseckige Erker erweitert, die großteils originalen Butzenscheiben in Bleifassung führen nur gedämpftes Licht in den Ratssaal.

Die Objekte im Raum

1. Das Lusterweibchen. Halbfigur der Lucretia, die mit der rechten Hand den Dolch gegen ihre lüsterweibchenBrust richtet und in der linken Hand einen Leuchter trägt. Den unteren Abschluss bildet das Stadtwappen auf zwei großen Steinbockhörnern mit zwei Leuchtern und lebhaft bewegten Engelputten, alles wird von drei Blattkränzen mit Früchten getragen. Der Entwurf stammt von Jörg Kölderer, dem Hofbaumeister Kaiser Maximilians, die Arbeit ist das Werk eines unbekannten Künstlers in Augsburg (1525). Albrecht Dürer diente diese Arbeit als Vorlage zum Stich: "Der Triumph Kaiser Maximilians".

2. Einfach gearbeiteter Sterzinger Kasten mit Randzierleisten. 1510.

3. Bild auf Leinwand. Maria Königin mit Jesukind im reich geschnitzten Holzrahmen. Kopie eines byzantinischen Bildes um 1300 ( Mitte des 18. Jh.).

4. Kolorierter Kupferstich auf Papier, Jesus im Tempel bei den Schriftgelehrten. Philosophische Disputation des Johann Stolz aus Sterzing, gehalten 1748 am Jesuitengymnasium Görz. Widmung an den Stadtrat in Sterzing.

5. Bild auf Leinwand, Holzrahmen in Kleeblattform. Anbetung der Hl. 3 Könige. Um 1700.

6. Bild auf Leinwand. Porträt eines unbekannten Bischofs. 18. Jh.

Ebenerdig Anfang Stiegenaufgang

Bild auf Leinwand. „Das Festmahl des Belsazar”
von Stephan Kessler – 1665.

Verantwortlich für den Text: Dr. Alois Karl Eller

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